Jens
Anmeldungsdatum: 31.01.2012 Beiträge: 294
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Verfasst am: 02.11.2014 16:04 Titel: Leistung per Computer, da freut sich der Diesel-Fahrer |
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Mehr Leistung per Computer, da freut sich der Diesel-Fahrer. Aber was bringt das Chip-Tuning wirklich? Der Prüfstand bringt es ans Licht.
Oben kommt ein neuer Chip rein, und unten kommt mehr Power raus: herrlich. Und so einfach. Gerade beim Turbodiesel hat das Tuning per Laptop Hochkonjunktur, was nicht verwundert. Ein paar 100 Euro genügen, schon zaubert ein Elektronik-Wizard einen Haufen Leistung unter die Haube. Zugaben von 30 Prozent sind in der Branche Ehrensache. Genuss ohne Reue, lautet das Versprechen offenbar gibt es noch Wunder. Oder vielleicht doch nicht? Die Ingenieure der Dekra, unbelastet vom Glauben an technische Hexerei, wollten es genau wissen. Prüfobjekt: ein VW Golf 1.9 TDI, Katalogleistung 105 PS. Getestet wurden drei frisierte Steuergeräte und drei Zusatzboxen, die der Original-Elektronik vorgeschaltet werden.
Letztere sind ganz besonders verlockend, weil bei Bedarf leicht wieder zu entfernen und besonders preisgünstig. Die "Power-Box etwa kostet läppische 16,90 Euro und soll 20 PS bringen: irre. Ähnliche Zahlen versprechen der "AMH-Booster und die Box von "Tuning-Meile, aber für mehr Geld (89,95 und 139 Euro).
Das Fazit der Nagelprobe: Träum weiter. Laut Dekra-Test springen gerade mal 117 (AMH) bis 119 PS (Tuning-Meile) heraus, wobei der Golf netterweise schon im Originalzustand mit echten 111 PS aufwartete. "Die Tuningmaßnahme ist subjektiv kaum spürbar, so der höflich formulierte Dekra-Kommentar.
Was auch sonst? Schließlich beschränken sich die Eingriffe auf eine Manipulation des Temperaturgebers, um die Einspritzmenge zu verändern. Das bringt zwar kaum mehr Leistung noch ein nennenswertes Plus an Drehmoment, birgt nach Ansicht der Dekra-Experten aber dennoch Risiken. Kaltstartprobleme sind möglich, dem Auspuff entfleucht mehr Schwarzrauch, und andauernde Volllast gefährdet die Gesundheit des Triebwerks. Ein Trost: Bei den sonstigen Schadstoffemissionen (CO, HC, NOx) sind keine Nachteile feststellbar.
Richtig Dampf ist drin mit CSW-Tuning und Speed-Buster
Richtig Dampf gibt es freilich nur, wenn man bereit ist, ans Eingemachte zu gehen. Tuning am Steuergerät heißt hier die Losung, im Dekra-Test vertreten durch "DTE-Systems“ (30 Mehr-PS für 499 Euro, inklusive ein Jahr Garantie sowie TÜV-Teilegutachten), „Speed-Buster“ (30 Mehr-PS für 599 Euro, inklusive TÜV-Teilegutachten) sowie "CSW“ (40 Mehr-PS für 819 Euro).
Dichtung oder Wahrheit? Die gute Nachricht: Es wird nicht zuviel versprochen. Beim CSW-Tuning springen 149 PS heraus, beim Speed-Buster sogar 151 PS, nur die DTE-Frisur fällt mit 134 PS etwas zahm aus. Deutliche Zuwächse zeigt auch das maximale Drehmoment: Das Angebot reicht von 315 (DTE) bis 357 Nm (CSW), ungetunt schaffte der Test-Golf immerhin 282 Nm.
Also ran an die Chips oder was? Besser nicht, meinen die Dekra-Prüfer und heben warnend den Zeigefinger: Die leistungssteigernde Manipulation von Einspritzdauer und Ladedruck führten bei Volllast zu einer thermischen Überlastung von Turbolader, Abgaskrümmer Kolben und Auslassventilen. Der Lader wird mit Überdrehzahl betrieben, hinzu kommen unzulässig hohe Drücke in den Zylindern und Einspritzdüsen und, damit nicht genug, leidet auch noch die Nockenwelle.
Extremes Gefährdungspotenzial
"Sehr hohes bis extremes Gefährdungspotenzial“, so das Dekra-Urteil, wobei es sich extrem auf das CSW-Angebot bezieht. Ziemlich düster das alles, von den dichten Schwarzrauchwolken hinter dem Auto mal ganz abgesehen.
Und auch hier lässt das Gutachten Zahlen sprechen: Die Abgastemperatur steigt um bis zu 300 Grad von 662 (Serie) auf 958 Grad (Speed-Buster), die Turboladerdrehzahl erhöht sich um mehr als 10.000/min von 202.000/min (Serie) auf 213.000/min (Speed-Buster).
Da graust es nicht nur den Fachmann, und man versteht, warum die Motorenbauer der Autohersteller es sich beim Leistungssteigern immer so schwer machen. Mehr-PS bei identischem Grundmotor bedeuten in der Regel zugleich veränderte Werkstoffe für Krümmer und Kolben, angepasste Kühlung, vergrößerte Düsenlöcher im Pumpe-Düse-System und auch eine verstärkte Kurbelwelle. Mindestens.
Es ist also wieder einmal wie im richtigen Leben: Ein Motor lebt nicht von Chips allein. Wer stark sein will, braucht auch genügend Fleisch _________________ Nur wer quer fährt , fährt vorn ! |
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